Deutschland im Gespräch

Veranstaltungsrückblicke

07.12.2019 | Osnabrück

Greifswald besucht Osnabrück: „Nicht nur reden, sondern tun!“

„Solange Ost und West noch in unseren Köpfen existieren, solange werden auch die Unterschiede zwischen uns weiterbestehen“, so das Fazit der Greifswälderin Rita Kremer bei der zweiten Begegnungs- und Dialogveranstaltung, die in Osnabrück stattfand. Vom 6. bis 8. Dezember trafen sich Bürgerinnen und Bürger aus Greifswald und Osnabrück zum gemeinsamen Gespräch über den Stand und die Zukunft der Deutschen Einheit. „Nicht nur reden, sondern tun“ ist das, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Wochenende begeisterte und Impulse für weitere Projekte und Aktivitäten setzte.

Inspirierender Austausch zwischen Osnabrück und Greifswald

Die Leiterin der Geschäftsstelle „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“, Eleonore Petermann, begrüßte die Teilnehmenden aus den Partnerstädten. Dabei betonte sie die zentrale Bedeutung des gegenseitigen Austauschs der Bürgerinnen und Bürger für die Zukunft der Deutschen Einheit.

In dem von Anja Heyde und Oliver Kuklinski moderierten Dialog entstanden angeregte und lebhafte Debatten zu vielseitigen Themen. Zum Beispiel darüber, wie erfolgreich mit der Pluralität der Gesellschaft umgegangen werden kann. Es kamen Fragen danach auf, wie Lebensleistungen in Ost und West, aber auch Ehrenamt und soziale Berufe mehr Anerkennung finden können. Diskutiert wurde auch darüber, ob das heutige Deutschland eher durch Arm und Reich getrennt sei als durch die geteilte Vergangenheit.

Die Dialogveranstaltung in Osnabrück in Bildern

Mit dem Bus fahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der anreisenden Stadt zu "Deutschland im Gespräch".
Die Schülerreporterinnen und -reporter bereiten sich mit einem Interviewtraining auf den nächsten Tag vor.
Die Schülerreporter während ihrer Arbeit bei einem Interview am Rande von „Deutschland im Gespräch: Wie wollen wir miteinander leben?“ in Osnabrück.
Die Schülerreporterinnen und -reporter beim Interview.
Moderator Oliver Kuklinski spricht zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Dialogveranstaltung.
In der Gesprächsrunde zu Beginn lernen sich die Bürgerinnen und Bürger kennen.
In den Kennenlernrunden mischen sich Osnabrücker und Greifswalder.
In den Gesprächsrunden diskutieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Frage „Wie wollen wir miteinander leben?“.
Stadtführung durch Osnabrück im Rahmen des Nachmittagsprogramms.
Ein Programmpunkt der Abendveranstaltung ist das Improvisationstheater.
Die Darstellerinnen und Darsteller greifen für das Improvisationstheater Situationen auf, die sie bei der Dialogveranstaltung beobachtet haben.
Das Abendprogramm endet nach dem Auftritt einer Band.

In vielen Gesprächskreisen kristallisierte sich heraus, dass Begegnung und Austausch auf Augenhöhe sowie mehr Toleranz und Respekt anderen gegenüber Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Miteinander seien. Dies zähle nicht nur im deutsch-deutschen Kontext vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte, sondern ebenso in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens: Das Zusammenwachsen der Gesellschaft erfolge über den Abbau von Vorurteilen und dem Lernen voneinander.

Dialogveranstaltungen wie diese seien ein wichtiger Beitrag für die gemeinsame Zukunft und ein Schritt in die richtige Richtung, so die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Weiter sorgten sie dafür, dass Hürden abgebaut würden und Trennendes allmählich verschwände.

Von anderen Biographien lernen

Auch für den Osnabrücker Josek Neihenke waren die Gespräche ein Gewinn. „Ich bin einmal den Rennsteig in Thüringen gewandert, ein anderes Mal war ich im Urlaub in Brandenburg. Ansonsten hatte ich in den letzten 30 Jahren nahezu keine Berührungspunkte mit Menschen aus Ostdeutschland“, sagte der 65-Jährige. „Daher habe ich heute die Gelegenheit genutzt, mich mit ehemaligen DDR-Bürgern auszutauschen. Vor allem die vielen unterschiedlichen Biografien fernab meines Lebens als langjähriger Beamter und die zum Teil existenziellen Sorgen der Menschen haben mich bewegt und nachdenklich gemacht.“

Schülerinnen und Schüler aus beiden Partnerstädten fingen als Reporter auch in Osnabrück wieder Stimmen zum Thema ein. Dazu interviewten sie nicht nur Osnabrücker Passantinnen und Passanten, sondern sprachen auch mit dem Zeitzeugen Hinrich Kuessner über seine Erinnerungen an die Friedliche Revolution. Als Sprecher des Neuen Forums in Greifswald gehörte der heute 76-Jährige im Dezember 1989 zu den ersten Aktivisten, die sowohl die SED- als auch die Stasizentrale in der Stadt besetzten.

Der 18-Jährige Schülerreporter Kai Wielert aus Greifswald war überrascht, sich bei den Gesprächen auf der Straße mit Stereotypen über Ostdeutsche konfrontiert zu sehen: „Bislang war mir gar nicht bewusst, dass es solche Vorurteile überhaupt noch gibt.“

Der Samstagnachmittag bot Gelegenheit, bei gemeinsamen Aktivitäten wie dem Besuch des Felix-Nussbaum-Hauses, einer Stadtführung mit einem Nachtwächter und einem Panel zur Städtepartnerschaft, (Partner-)Stadt und Leute besser kennenzulernen. Am Abend fassten Schauspielerinnen und Schauspieler eines Improvisationstheaters humorvoll die Höhepunkte des Tages zusammen. Die Band „Happy Jazz Society“ aus Osnabrück brachte mit ihrem Oldtime-Jazz die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend zum vergnügten Wippen, spätestens die Band „EVER’SO“ sorgte schließlich für ausgelassene Tanzstimmung.

Die nächste Begegnungs- und Dialogveranstaltung fand vom 14. bis 16. Februar 2020 in Heilbronn mit Gästen aus Frankfurt (Oder) statt.

Fotos: Karsten Thielker