Meilensteine

Öffnung der innerdeutschen Grenze

09.11.2019

Längstes Gespräch Deutschlands

Offene Gespräche, neue Erkenntnisse und spannende Geschichten entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze: Das war das „längste Gespräch Deutschlands“

Etwas mehr als vier Stunden vergingen am 9. November 1989 von der Verkündung der Reisefreiheit bis zur Öffnung des Grenzübergangs an der Bornholmer Straße/Bösebrücke in Berlin. Genau in dieser historischen Zeitspanne – zwischen 18:53 und 23:30 Uhr – fanden am Samstag, dem 9. November 2019, die Feierlichkeiten der Bundesregierung auf Empfehlung der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ statt. Das „längste Gespräch“, ein interaktives Talk-Format entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, brachte knapp 3.000 Menschen an vier Orten zusammen, um über das wichtigste Ereignis der neueren deutschen Geschichte zu sprechen: den Mauerfall 1989. Zudem verfolgten mehr als zehntausend das Ereignis im Livestream.

Vom bayerischen Hof, das zusammen mit dem sächsischen Plauen eine gemeinsame Festveranstaltung umsetzte, über Geisa und das ehemals geteilte Doppeldorf Zicherie/Böckwitz bis nach Ratzeburg in Schleswig-Holstein fanden interessante und offene Gespräche rund um den Mauerfall statt. Zwischenzeitlich wurde auch nach Berlin geschaltet, wo zehntausende Gäste den zentralen Festakt am Brandenburger Tor verfolgten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer, der das „längste Gespräch“ in Hof eröffnete, sagte: „Vor dem Mut und der Veränderungsbereitschaft der Menschen in der ehemaligen DDR kann ich mich nur tief verneigen. Sie haben viel für unser geeintes Land getan. Das ‚längste Gespräch‘ und die zahlreichen Geschichten, die wir hier heute erleben durften, haben dies eindrucksvoll bewiesen“. Matthias Platzeck, als Vorsitzender der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“, ergänzte vom Standort Zicherie/Böckwitz: „Mich berührten die Geschichten ganz persönlich. Wir müssen gemeinsam darauf aufpassen, dass uns dieser besondere Geist der Mauerfalltage nicht verloren geht. Gerade deswegen sind ehrliche Gespräche sehr wichtig“.

Geschichten, die verbinden – und zum Nachdenken anregen

Marko Schreyl und Judith Rakers begrüßten in ihrem Hofer Studio unter anderem Fußballexperte Reiner Calmund, der unmittelbar nach dem Mauerfall die ersten DDR-Fußballer für westdeutsche Clubs vermittelte, und die Autorin Anne Hahn. Sie war nach einem missglückten Fluchtversuch verurteilt worden und erlebte den Mauerfall in einem DDR-Gefängnis.

Das längste Gespräch Deutschlands in Bildern

Am 9. November 2019 wurde der Grenzöffnung 30 Jahre zuvor mit einem interaktiven Talk-Format gedacht. Entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, hier in Geisa, fanden Gesprächsrunden statt.
Das "Längste Gespräch Deutschlands" startete im bayrischen Hof, das zusammen mit dem sächsischen Plauen eine gemeinsame Festveranstaltung umsetzte.
Horst Seehofer (l.), Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, eröffnete das "Längste Gespräch Deutschlands" im Theater Plauen.
Horst Seehofer erinnerte an den Mut und die Veränderungsbereitschaft der ehemaligen Bürgerinnen und Bürger der DDR: „Sie haben viel für unser geeintes Land getan.“
Marko Schreyl und Judith Rakers (stehend) begrüßten im Hofer Studio unter anderem den Fußballexperten Reiner Calmund und die Autorin Anne Hahn.
Auch die Mitglieder der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ (v.l.n.r.) Prof. Dr. Marcel Thum, Iris Kloppich und Dr. Dieter Pfortner kamen zur Feier nach Hof.
Sänger Tim Bendzko trat in Hof mit seinem Song „Hoch“ auf.
Im Studio im thüringischen Geisa nahmen u.a. Ex-Schwimmerin Britta Steffen und Christian Hirte, damaliger stellvertretender Kommissionsvorsitzender und Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, am "Längsten Gespräch Deutschlands" teil.
Weitere Gäste in Geisa neben Britta Steffen (2.v.r.): Moderator Jan Kunath (l.), der Comedian Thomas Nicolai (2.v.l.) und Prof. Dr. Martin Sabrow (r.), hier abgebildet mit den Moderatoren Susan Link und Jan Köppen (3.v.l. und 3.v.r.).
Die Moderatorin Kim Fisher und der Moderator Jan Hahn begrüßten mehr als 120 Gäste in einem mobilen TV-Studio, das in der Doppelgemeinde Zicherie/Böckwitz errichtet wurde.
Matthias Platzeck (l.), Vorsitzender der Kommission "30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit", und Reiner Haseloff, Ministerpräsident und Kommissionsmitglied, im Gespräch mit Moderatorin Kim Fisher.
Weitere Gesprächspartnerinnen und -partner waren u. a. Kommissionsmitglied Dr. Maria Nooke (r.), Schauspielerin Wolke Hegenbarth (4.v.r.), Sängerin Cassandra Steen (hinten r.) oder Sternekoch Robin Pietsch (2.v.l).
Fitnesscoach Detlef D. Soost berichtete über seine Jugend im ehemaligen Ostteil Berlins und die Herausforderungen nach dem Mauerfall.
Daniel Günther, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, begrüßte alle Zuschauerinnen und Zuschauer aus Ratzeburg.
In Ratzeburg, dem letzten Standort des "Längsten Gespräch Deutschlands", endete der Tag mit einem Kerzenumzug.

Im thüringischen Geisa übernahmen Susan Link und Jan Koeppen den Staffelstab und sprachen unter anderem mit Comedian Thomas Nicolai, der den Mauerfall mit seinen Ostberliner Kommilitonen feierte und direkt mit der S-Bahn nach Westberlin fuhr. Christian Hirte, stellvertretender Kommissionsvorsitzender und Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, verortete den 9. November 1989 als einen der spannendsten Tage in der neueren deutschen Geschichte. Die Gastgeber Kim Fisher und Jan Hahn begrüßten mehr als 120 Gäste in einem mobilen TV-Studio, das in der Doppelgemeinde Zicherie/Böckwitz errichtet wurde. Hier wurden die letzten Tage der DDR und der Mauerfall intensiv besprochen. Der Sternekoch Robin Pietsch bereitete für die Studiogäste ein berühmtes ostdeutsches Gericht zu und berichtete, wie die ostdeutsche Küchentradition ihn auf seinem Weg begleitet hat. Weitere Gesprächspartner, darunter Dr. Maria Nooke, Matthias Platzeck und Wolfgang Lippert, tauschten ihre eigenen Erfahrungen zu ihrem Erleben der Friedlichen Revolution aus.

Ratzeburg, als letzter Standort des „längsten Gesprächs“, stand ganz im Zeichen der jüngeren Generation. Schlagersängerin Ella Endlich sang ihren Mauerfall-Song „Geschichten“, Fitnesscoach Detlef D. Soost berichtete über seine Jugend im ehemaligen Ostteil Berlins und die Herausforderungen nach dem Mauerfall. Außerdem berichtete eine Schulklasse über ihre Projektwoche zum Thema Friedliche Revolution. Zum Abschluss des längsten Gesprächs fragte das Moderatorenduo die Studiogäste nach ihren Wünschen und Zielen für die Zukunft. Die meistgenannte Antwort: Mehr miteinander reden und aufeinander zugehen. Die Aufnahmen des Livestreams sind noch bis zum 10.11.2020 auf der Veranstaltungswebseite unseregeschichte.bund.de abrufbar.

Hintergrund „Unsere Geschichte schreibt Zukunft“

Die Veranstaltung unter dem Motto „Unsere Geschichte schreibt Zukunft“ ist Teil der Aktivitäten der Bundesregierung im Jubiläumsjahr des Mauerfalls und beruht auf den Empfehlungen der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“. Sie besteht aus 22 Personen aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur sowie Zivilgesellschaft. Den Vorsitz der Kommission hat Ministerpräsident a. D. Matthias Platzeck inne. Mit der Veranstaltung am 9. November sollen in einem neuen, dezentralen und außergewöhnlichen Format die Erfahrungen, Erlebnisse und Leistungen der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt gestellt werden. Menschen in ganz Deutschland sollen über Grenzen hinweg miteinander ins Gespräch gebracht werden. Die Leistungen, die für die Friedliche Revolution und Wiedervereinigung in ganz Deutschland erbracht wurden, sollen gewürdigt und gefeiert werden.

 

Fotos: Oliver Killig, Ramona Welti / Alan Shang, Luis Miguel Ventura / Ben Lupini, Igor Ohnjec / René Sami